Kunsthalle Paderborn meets ISFF Detmold #8

Detmold. Melancholie, so will es ein alter Topos der Philosophie- und der Kunstgeschichte, ist die Nachtseite des genialischen Menschen. „Warum“, so fragt etwa Theophrast, „sind alle hervorragenden Männer, ob Philosophen, Staatsmänner, Dichter oder Künstler, offenbar Melancholiker gewesen?“ Aber, was heißt schon Genie, wenn man mit dem Knie denkt – wie Beuys es tut?

Es scheint eine Frage der Inspiration zu sein, der schöpferischen Begeisterung und Manie. Diese besonderen Erregungszustände sind es, die die Kehrseite der Melancholie bilden und ihr Genialisches begründen sollen. Sie münden in ein erotisches Weltverhältnis, das sich in die Welt entgrenzen möchte. Es ist eine flatternde und rauschende Wollust, orgiastisch und exzessiv wie die Installation von Andreas Kopp. Dabei ist diese Lust äußerst brüchig, kann sich nur in der Bewegung erhalten, wie die Bleche von Kopp ihre Stabilität allein in der Formung gewinnen. Und doch scheinen sie sich zugleich an den Lufthauch zu verlieren. Es ist eine flüchtige Lust, eine prekäre Stimmung. Ganz gleich, wie groß ihre manische Begeisterung ist, nie kann diese Entgrenzung an ihr Ziel kommen. Stets bleibt ein unüberbrückbarer Spalt zwischen Innen und Außen, eine Grenze, die nicht überschritten werden kann. Julia Murakamis Bild markiert diese Grenze, gegen die das manische Subjekt indes immer wieder anrennt – „I‘m not supposed to speak to strangers, but we have met before.“ Das Scheitern dieser Verschmelzung wirft diese Lust auf sich selbst zurück und sie kippt wieder in ihr Gegenteil: die Melancholie. Nun kann das Spiel von neuem beginnen. Die Kunst scheint in diesem Kreislauf aus Begeisterung und Schwermut gefangen zu sein, wie Dürers Melancolia I (1514) nahelegt. Vielleicht gibt es aber doch ein Entrinnen daraus. Was, wenn man pfiffig wäre, und trotzdem vom Leben nichts wüsste? Wenn man immer ein bisschen bedröhnt in die Welt blickte, wie Takashi Murakamis „DOB“, und sich von einem allgemeinen Rauschen einfach forttragen ließe? Könnte dann nicht dieser Teufelskreis platzen wie die Blase eines Kaugummis?

7. Juni 2012- 10. Juni 2012
Vernissage Donnerstag, 7. Juni 2012, 20.00 Uhr
Hangar 21, Charles-Lindbergh-Ring 10, 32756 Detmold

www.kunsthalle-paderborn.de
www.fest-der-filme.de

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