Anfänge
Hohenloh – ein alter Name für einen neuen Stadtteil
Hohenloh als Stadtteil von Detmold und damit als bebaute Siedlung ist jungen Datums, die Bezeichnung hierfür entstand erst nach 1995 nach Abzug der britischen Streitkräfte von dem Gelände, das seit 1934 als „Fliegerhorst“ bekannt war.
Dennoch ist Hohenloh(e) als Name einer Feldmark um Jahrhunderte älter. Er verrät einiges über den Charakter des Geländes: Es handelt sich um eine Anhöhe, den Beginn des Lippischen Hügellandes nördlich von Detmold als Gegenüber zum Teutoburger Wald und um den Flurnamen auf „-loh“ als Kennzeichnung eines „einzelstehendes, lichten Gehölzes mit fruchtbaren Böden, meist feucht oder mit Wasser in der Nähe, zur Weide geeignet, in der Regel mit Eichen bestanden“ (Schmidt: Lippische Siedlungs- und Waldgeschichte 1940, S. 200; vgl. auch Meineke: „Lippische Mitteilungen“ 79 / 2010, S. 43). Das würde auch zutreffen auf den Landschaftspunkt nördlich des Grupenberges an der Brunnenstraße, der schon lange „Hohenloh“ heißt.
Schließlich gab es schon im 15. Jahrhundert ein „Hohenloher Zehntgebiet“ zwischen Hakedahl und Schoren (Stöwer: „Lippische Ortsgeschichte (Kreis Detmold)“, 2008, S. 140). Unter diesem Namen ist nun ein neues Siedlungsgebiet zusammengefasst. Es umfasst Teile des ausgegangenen Ortes Dedinctorp (älter als Detmold), des Waldhufendorfes Hakedahl, der Detmolder Feldmark, des Gutes Herbershausen und dazwischen eingesprengt auch landesherrlicher Besitz der Domäne Johannettental. Insgesamt ein kaum besiedeltes Gebiet, das vom ursprünglichen Waldland verwandelt wurde in eine Feld- und Gartenlandschaft. In dieser Einsamkeit gab es auch wohl einen Einsiedler, einen Klausner, worauf der Straßenname „Auf dem Klus“ verweist (Reinecke: „Katholische Kirche in Lippe“ 1983, S. 71).
Seit dem Mittelalter durchquerte einer der wichtigsten Verkehrswege dieses Gebiet: der Abschnitt Lemgo-Paderborn der Handelsstraße von Bremen nach Frankfurt. Es war eine der ersten Straßen im Fürstentum, die bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Chaussee ausgebaut wurde. Wie man damals durch die Hohenloher Einsamkeit reiste, erfahren wir aus einem Bericht von 1835:
„Die Poststraße nach Detmold – mit die ältesten im lippischen Lande – hat sich verändert. Von Lemgo bis weit hinter Brake mit Kieselsteinen gepflastert, ohne irgendwo Obstbäume an den Seiten, nur hin und wieder hohe Pappelreihen und kleine Wäldchen, durch rötliche Mergelwände unterbrochen, sah man damals außer einem Haus auf der Landwehr, der alten Krugwirtschaft auf der Wahmbeckerheide und dem Apenkruge an der Nordseite kein einziges Haus am Wege. Die alte Fahrstraße führte bald hinter Herbershausen in der jetzt noch gebliebenen Niederung hinter den Gärten an der rechten Seiten der Chaussee am alten israelitischen Friedhofe und dem damals neuen Landes-Strafarbeitergebäude…in die noch gräfliche Residenz.“ (Bachler: „Lippe Anno dazumal I“ 1978, S. 13 ff.)
Diese Straße über den Apenberg war die eigentliche „Lemgoer Straße“ mit dem „Lemgoer Tor“ an der Kreuzung Lange Straße / Rosental. Im 19. Jahrhundert entstanden an dieser Chaussee zunächst die Bauten zwischen Rosental und Hasselter platz, schließlich auch an der Richthofenstraße, dort gab es weiter bergauf ein beliebtes Ausflugslokal, die „Kaffeemühle“. Von dort konnten die Detmolder über die Stadt hinweg auf den Teutoburger Wald blicken und sehen, wie das Hermannsdenkmal über die Bäume hinauswuchs.
Diese Aussicht war auch ein beliebtes Sujet für Maler und Zeichner; im lippischen Band der Reihe „Westfalia picta“ (2007) finden sich Abbildungen mit der Bezeichnung „Detmold von Nordosten“ in großer Zahl, im Vordergrund auch die „Lemgoer Chaussee“ und das Garten- und Bauernland des damaligen Gebietes um Hohenloh. Es ist darum die folgenrichtige Aufnahme einer guten Tradition, wenn heute in Hohenloh ein attraktiver Aussichtspunkt gestaltet wird, von dem aus jeder Besucher wie einst Ludwig Menke und andere Künstler wie vor zwei Jahrhunderten den Blick über die Residenzstadt und den Teutoburger Wald genießen kann.
Weniger romantisch war die Besiedlung nördlich der Altstadt im 19. Jahrhundert. Sie war wesentlich Folge der endlich gekommenen Eisenbahn und der dadurch möglich gewordenen, überfälligen Industrialisierung. „Hinter’m Damm“ dieses Schienenstrangs entstanden neue Ansiedlungen von Arbeitern der Fabriken um den Bahnhof, teilweise mit bäuerlichen Nebenerwerbsstätten. Standesbewusste Bürger aus den „feinen“ Vierteln sagten noch von wenigen Jahrzehnten: „Man spielt nicht mit den Kindern hinter’m Damm“ – ein arroganter Irrtum, denn dort, auf den sonnenbeschienenen Hügeln, entstand ein lebendiges Stadtviertel mit teilweise hoher Lebensqualität.
Ein Stadtplan des „Detmolder Adressbuch 1891“ zeigt die Anfänge der Bautätigkeit des Detmolder Nordens: Die klassizistische „Kaserne 2“ ist der letzte offizielle Bau, dann noch einzelne Häuser an der „Lemgoer Chaussee“ und noch weniger am „Lemgoer Fußweg“ (heute Siegfriedstraße). Dann verliert sich die Bebauung im Bereich des „Klus“ und der jetzigen Boelcke- und Hohenloher Straße. Diese ältesten Häuser sind heute noch zum großen Teil erhalten, sie wurden aus dem Muschelkalk erbaut, der in der Nähe ansteht und damals preiswert war.
1934 kommt der entscheidende Umbruch, nach der Eisenbahn-Technologie nun der Flugverkehr: Es entsteht der „Fliegerhorst“, kurze Zeit ein örtlicher Flugplatz zu zivilen Zwecken, jedoch bald in die Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges von den Nationalsozialisten einbezogen. Es beginnt jetzt ein neues Kapitel der Geschichte von Hohenloh, die mit dem Schicksal des „Fliegerhorstes“ über Jahrzehnte fast identisch ist und unmittelbar in die Gegenwart führt. Denn auch nach dem Kriege bleibt der Flugplatz, nunmehr von den Engländern als Militärflughafen genutzt, erst nach Jahren war auch eine Teilnutzung durch deutsche Segel- und Motorflieger möglich, ein Teil des Geländes dient auch heute diesem Zweck.
Hier findet aber die Überleitung in die Gegenwart statt, nachdem die Bundesrepublik als Rechtsnachfolger der Briten das Gelände mit zahlreichen Neubauten der Stadt Detmold zur Nutzung übertragen hat. Die Geschichte der Jahre von der Gründung der Flughafengesellschaft bis zum Ende des Weltkrieges ist fundiert beschrieben durch Annette Hennigs in dem Band „Nationalsozialismus in Detmold“, 1988, S. 420 bis 444, was danach kommt, ist aktuelle Information. Hohenloh jedenfalls ist aus einer eher marginalen Geschichte zu einem lebendigen, zukunftsträchtigen Stadtteil auf der Sonnenseite Detmolds geworden – und wird es weiter.
Autor: Jochen Schwabedissen 2011