Geschichte

Gelände und Gebäude im Stadtteils Hohenloh sind bis zum Juli 1995 überwiegend militärisch genutzt worden. Die ehemalige Luftwaffenkaserne in Detmold-Hohenloh geht auf den zivilen Regionalflughafen des Landes Lippe und der Stadt Detmold zurück, der 1934 gegründet wurde und von der Deutschen Verkehrsfliegerschule betrieben werden sollte. Bereits 1935 entstanden neben dem zivilen Flugbetrieb die ersten Kasernenbauten auf dem Gelände. 1936 entzog das Luftamt Münster die Genehmigung zur zivilen Luftfahrt und die Umnutzung zum militärischen Fliegerhorst begann im gleichen Jahr mit der Stationierung der Flieger-Ersatz-Abteilung 14 des Luftkreises IV. Das Kasernenareal, welches in den Jahren 1935 bis 1936 vollständig erbaut wurde, ist somit der ersten Aufbauphase der Wehrmacht zuzuordnen und verkörpert die beginnende Expansionspolitik der nationalsozialistischen Machthaber.

In Kenntnis der Tatsache, dass seit 1933 das Reichsluftfahrtministerium unter dem Deckmantel der nationalen Luftfahrt den Aufbau der Luftwaffe vorbereitet hatte, lässt sich an dieser Entwicklung die Ausnutzung und Dienstbarmachung zivilen Engagements für die nationalsozialistischen Ziele nachvollziehen. Die städtebauliche Konzeption dieser Luftwaffenkaserne, die sowohl die Funktionsabläufe innerhalb der Anlage und die luftschutz- und sicherheitstechnischen Anforderungen, als auch die topographisch geformte Landschaft berücksichtigt, entsprach dabei den Vorschriften des Reichswehrministeriums.

1942 erhielt der Detmolder Standort eine spezielle Bedeutung mit der prototypischen Entwicklung eines hölzernen Kampfflugzeuges, dessen Bauteile in den Formpressen regional ansässiger Möbelfabriken gefertigt wurden.

Nach Kriegsende diente das Areal 1945 zunächst als kurzfristiger Standort der Royal Air Force. Ab 1946 wurden Truppenteile der britischen Armee stationiert, welche die ehemalige Luftwaffenkaserne in „Hobart Barracks“ umbenannten. Im Bereich der Wirtschaftsgebäude sind nach 1945 einige neue Nutzbauten errichtet worden, ohne jedoch die städtebauliche Gesamtanlage maßgeblich zu verändern.

Detmold war bis 1995 die größte Garnisonsstadt im Kreis Lippe. Im Juli 1995 wurden die Hobbart Barracks geräumt. Durch den Abzug der britischen Streitkräfte ist ein erheblicher Funktionsverlust für die Stadt Detmold eingetreten.

Nach dem Abzug der britischen Streitkräfte wurde die Arbeitsgruppe Denkmalschutz gegründet, die eine frühzeitige Berücksichtigung der Denkmalbelange bei der Konversion und zukünftigen Entwicklung des Gesamtareals sicherstellen sollte. Die Erarbeitung einer Machbarkeitstudie zur Konversion der Hobart-Barracks entstand als Ergebnis des Entwurfs einer städtebaulichen Rahmenplanung zur Umnutzung und baulichen Verdichtung des ehemaligen Kasernenareals. Das Ergebnis der Planung definierte das Ziel eines Umbaus zur dauerhaften Nachnutzung der Kaserne und Übernahme städtischer Funktionen.

Bereits 1996 wurde daher die Einarbeitung eines räumlichen Entwicklungskonzeptes beauftragt. Hierbei soll eine maßvolle Nachverdichtung mit der Ausweisung potentieller Baufelder vorgesehen und mit den Nutzungszielen Wohnen, Dienstleistung, Gewerbe, Freizeit, Bildung, Kultur und Sport in unterschiedlichen Bereichen realisiert werden.

Im Februar 1998 kam es seitens der Bezirksregierung Detmold aufgrund der Denkmalwertbegründung des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege zur endgültigen Eintragung des zentralen Areals mit seinem baulichen Bestand in die Denkmallliste der Stadt Detmold. Anschließend konnten die ersten Umnutzungen und Sanierungen einzelner Gebäude und infrastruktureller Einrichtungen beginnen.

Im August 1999 wurde der städtebauliche Vertrag über die Entwicklung der Kasernenfläche zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Stadt Detmold geschlossen. Die Planung, Erschließung und Vermarktung erfolgt in enger Zusammenarbeit von Bundesvermögenverwaltung und der Projektgruppe Hohenloh bei der Stadt Detmold.

Denkmalschutz: Begründung der Unterschutzstellung; Kurzfassung des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege

Die Detmolder Luftwaffenkaserne ist bedeutend als ein anschauliches Dokument der jüngeren deutschen Geschichte und bezeugt mit anderen ausgewählten Kasernen und militärischen Einrichtungen der 1930er Jahre die Aggressions- und Expansionspolitik der nationalsozialistischen Machthaber. Mit Lossagung Hitlers von den Rüstungsbeschränkungen des Versailler Friedensvertrages und Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1935 ging die Aufrüstung Deutschlands einher mit dem Ziel, in kürzester Zeit eine personell und materiell angriffsfähige Kriegsmaschinerie aus dem Boden zu stampfen. Zur Schaffung der Infrastruktur war u.a. eine umfangreiche Bautätigkeit vonnöten. Die in den Jahren 1935/36 gebaute Detmolder Luftwaffenkaserne ist der ersten Aufbauphase der Wehrmacht zuzuordnen. Sie verdeutlicht, dass bereits in diesen Jahren der Weg zur expansiven Außenpolitik beschritten war, indem der künstlich erzeugte wirtschaftliche Aufschwung mit den Zielen und der Finanzierung der auf den Krieg ausgerichteten Aufrüstung gekoppelt war. Sie mündete 1937 nahtlos in die getarnte wirtschaftliche und militärische Kriegsvorbereitung.

Für Erhaltung und Nutzung der Detmolder Luftwaffenkaserne sprechen wirtschaftliche, d.h. hier militär- und baugeschichtliche sowie städtebauliche Gründe. Sie veranschaulichen den in den 1930er Jahren vorrangig behandelten Bautyp der Kaserne in der speziellen Ausprägung des Selbstverständnisses für die Zwecke der Luftwaffe. Grundtypisch ist die städtebauliche Anlage mit einer Vielzahl funktional angeordneter Einzelbauten, die insgesamt einen Siedlungscharakter ergeben. Hierin entspricht die Detmolder Kaserne den Vorschriften des Reichswehrministeriums, mit denen die zentralisierten bzw. (moderneren) dezentralisierten Kasernenblöcke des Kaiserreichs abgelöst wurden. Anforderungen an Wohnlichkeit, Hygiene und Luftschutz gaben den Ausschlag. Die in der Stadt Detmold unübliche Schieferdeckung diente den Vorschriften gemäß der Tarnung.

Die grundsätzliche Gestaltung der einzelnen Baukörper als zweigeschossige Putzbauten mit geschweiftem Walm- bzw. bei den Satteldächern, abgewalmten Dachhäuschen und Bruchsteinsockeln entspricht in den dem Heimatstil entlehnten Formen einem in Kasernen- aber auch Siedlungsbau der 1930er Jahre weit verbreiteten Schema. Je nach Aufgabe und Nutzung sind die Bauten durch zusätzliche Gestaltungselemente wie Risalti, Balkon, Natursteinrahmungen und –Außentreppen sowie mit Bruchstein gefasste, ganze Fronten einnehmende Terrassenanlagen hervorgehoben. Die Einfamilienhäuser erhalten durch Schlagläden einen wohnlich anheimelnden Charakter. Zumindest die vielteilige Kommandantur und die kleineren Wohnblöcke der Offiziere hatten zur Tarnung eine Fachwerk imitierende Aufmalung, die wohl eine Gutsanlage bzw. einen Wirtschaftshof vortäuschen sollte.

Abgesehen von den spezifischen flugtechnischen Einrichtungen wie Flugzeughallen und Rollfeld sind Kasernen der Luftwaffe an ihrem Bauprogramm, der weitläufigeren städtebaulichen Anlage, höchstens zweigeschossigen Bauweise und der Einbettung in gepflegten Grün erkennbar. In der bevorzugten Elitewaffengattung der NS-Zeit herrschte ein besonderer Corpsgeist, der sich u.a. darin ausdrückte, dass Kommandant und Offiziere mit den Mannschaften auf dem gleichen Gelände wohnten, auf dem sich auch das Offizierskasino (sonst außerhalb des Sperrbezirks platziert) befand. Für Sport und Unterhaltung standen Sportplatz, Schwimmbecken und Mannschaftskasino zur Verfügung, alles Anlagen, die Heer und Marine, preußisch-spartanischer Tradition folgend nicht bereitstellten.

Während Herr und Marine ihre Kasernen von eigenen Baustäben entwerfen ließen, arbeitete die Luftwaffe verstärkt mit renommierten Privatarchitekten zusammen. Der Name des Architekten der Detmolder Kaserne ist nicht bekannt, Entwurf und Ausführung lassen aber ein ausgeprägtes gestalterisches Können erkennen.

Wohn- Verwaltungs- und technischen Anlagen bilden eigene Bereiche, an den Nahtstellen liegen Gemeinschaftseinrichtungen wie Wirtschaftsgebäude und Mannschaftskasino. Der zentrale Garagenhof mündet direkt auf die Hauptstrasse. Sport und Freizeit ergeben im Nordwesten ein durch einen Geländeversprung abgesetztes eigenes Areal. Gliedernde Hauptachse der Anlage bildet die Richthofenstrasse, an der stadtseitig nach Südwesten das Haupttor mit zweiteiliger Wache liegt. Beobachtungserker am linken und Loggiengang am rechten Gebäude geben unmissverständlich zu erkennen, dass hier hoheitliches Gebiet abgeschirmt wird. Dieser Eindruck bestätigt sich nach Betreten des Geländes, indem Anfang und Ende der Haupterschließungsstrasse von jeweils zwei Rundtürmen mit geschweiften Kegelhauben flankiert werden, die die Ecken der die Strasse einfassenden Mannschaftsbauten besetzen und der zwischen ihnen liegenden Strasse und ihrer platzartigen Aufweitungen einen burghofartigen Charakter verleihen. Die Terassenanlage vor den Wirtschaftsgebäuden steigert diesen hoheitlichen Eindruck, der sich endlich in der nordwestlichen Querachse mit dem großen, von Manschaftsgebäuden gefassten Exerzier- bzw. Aufmarschplatz bestätigt. Er erhält sein Gegengewicht im Gebäude des Manschaftskasinos, dessen tribünenartige Terrasse axial auf den Platz ausgerichtet ist. Eine untergeordnete Strasse erschließt in nordwestlicher Richtung vier weitere Unterkunftsgebäude, die einander winkelförmig zugewendet, zwei Plätze bilden im Sinne großstädtischer Siedlungsnachbarschaften. Im nordwestlichen Bereich des Areals liegen in und um ein geometrisch gegliedertes Wegesystem in intensiver Eingrünung abgesondert Offizierskasino, Offiziersheim und, um einen rundbogig geführten Wendeweg gruppiert, drei Einzelhäuser. Das mittlere ist als Kommandantenwohnhaus axial auf das Kasino ausgerichtet. Distanz und nähe beider Gebäude zueinander wird durch landschaftlich gestaltetes Gartenparterre inszeniert. Die Größe des Stabsgebäudes südlich neben der Wache mildert und kaschiert eingeschossige Zwischenbauten.

Eine eigene, von den Wohn- und Verwaltungsbezirken weitestgehend getrennte Einheit, bilden die (den Maßstab sprengenden) Flugzeughallen mit dem vorgelagerten Rollfeld im Südosten des Areals. Zwischen die beiden mittleren Hallen ist das Unteroffizierskasino gesetzt, dessen Schauseite auf das Rollfeld ausgerichtet ist. Entsprechend der ingenieurmäßigen Bauweise der Flugzeughallen wurde für das Kasino ein sachlicher, dem Neuen Bauen entlehnter Baustil gewählt. Sockel und die beiden breiten Eingänge sind mit Klinkern verkleidet, die Fenster durch Klinkerumrahmungen zu langen Bändern zusammengefasst. Die seitlich abgerundeten Risalite und das Flachdach mit Überstand geben dem Gebäude eine sachliche Note. Ergänzt von dem dreigeschossigen, ebenfalls abgerundeten Kanzelbau an der links benachbarten Halle (Nr. 21) entsteht das geordnete Bild eines Flughafens mit mittigem Empfangsgebäude.

Die Analyse bestätigt, dass die Detmolder Luftwaffenkaserne geeignet ist, die Nachwelt über die Architektur des NS-Regimes zu informieren und der wissenschaftlichen Erforschung dieser Epoche zu dienen.

Vermittelt einerseits die Architektur Vertrauen und das allgemeine Gefühl der Heimatverbundenheit, setzen Details, wie Portale mit Steinrahmung, hoheitsvolle Balkonmotive, Risalite, Rundfenster und Uhrentürmchen hierarchisierende Akzente von straffer militärischer Ordnung, die den Stil durchbrechen. Die sich anbiedernde Gemeinschaftsideologie des Zusammenlebens von Offizieren und Mannschaften wird durch die Lage von Offizierskasino, -heimen und Familienwohnhäusern in einer abstandsgebietenden Grünanlage und dort wieder in strenger Dienstrangfolge relativiert. Erkennbar ist, dass die Kasernenanlage mit Architekturzitaten, Pathosformeln beschwichtigender Heimatschutzarchitektur, militärischer Ordnung und Straffheit für sich und ihre Machthaber werben sollte, um die Akzeptanz der Zwecke und Ziele zu erreichen. Ihr Propagandacharakter ist offensichtlich, wobei das Spannungsfeld zwischen Repräsentation und Tarnung entlarvt.

Die Detmolder Luftwaffenkaserne ist bedeutend als ein Zeugnis der nationalsozialistischen Epoche in Deutschland. Mit zeitgenössischen Ereignissen in Detmold ist sie eng verbunden.

Die relativ gut überlieferte Gesamtanlage ist geeignet, den Kasernenbau der 1930er Jahre zu dokumentieren und hat einen Stellenwert in der Entwicklungsgeschichte des Bautyps Kaserne seit dem 18. Jahrhundert. Die städtebauliche Durchbildung gibt Aufschluss über die Bedeutung der Bauaufgabe Kaserne in den 1930er Jahren. Die Gestaltungselemente ermöglichen eine kunsthistorisch-baugeschichtliche Analyse, die zur Erforschung der NS-Zeit beitragen kann.

Um die Erinnerung an die wohl dunkelste und bedrückendste Epoche deutscher Geschichte wachzuhalten, kann es nicht ausreichen, die Leidensorte der Opfer als Gedenk- und Ehrenstätte zu überliefern. Vielmehr ist es dringend geboten, auch die Orte der Täter zu zeigen, um das Ausmaß von Verstellung, Gewalt und Terror möglichst facettenreich zu dokumentieren. Der Kasernenbau war eine der bedeutendsten Bauaufgaben der NS-Zeit und ist Zeugnis einer Geschichte, die durch Zerstörung ihrer Monumente weder ungeschehen gemacht, noch bewältigt werden kann.

Im Zuge der Eingliederung der ehemaligen Kaserne Hohenloh in das Stadtbild Detmold konnte nicht alle Gebäude erhalten bleiben. Die Mannschaftsgebäude 53, 54, 56 und 57 sowie die Kommandantur (Gebäude 17) wurden Ende der 1990er Jahre abgerissen, um Platz für Wohnbebauung und Gewerbe zu schaffen. Auf dem Gelände der Mannschaftsgebäude – dem ehemaligen Exerzierplatz – wird derzeit ein Siedlungsvorhaben entwickelt.

aus: „Jatsch Laux Mayer und Elisabeth Steichele: „Detmold – Hohenloh. Denkmalgeschützte Gebäude und Freiflächen“ herausgegeben von der Stadt Detmold, Detmold 2000

Luftaufnahmen von Hohenloh. Klicken Sie auf das jeweilige Bild um es zu vergrößern.

Hohenloh 1999

Hohenloh 2004

Hohenloh 2008

Hohenloh 2011